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Bei der Megazystis (griech: riesige Harnblase) führt eine Verengung oder Fehlanlage der Harnröhre des ungeborenen Kindes bereits in frühen Schwangerschaftswochen zu einer dramatischen Größenzunahme der Harnblase. Gleichzeitig staut sich der Urin in die Nieren zurück und kann diese dauerhaft schädigen. Zwischen der 18. und 20. Schwangerschaftswoche kommt es dann in ausgeprägten Fällen zu einer deutlichen Verminderung des Fruchtwassers, das schließlich völlig verschwindet. Da das Atmen von Fruchtwasser zu dieser Zeit ein wichtiger Faktor für die Lungenentwicklung ist, bleiben die Lungen von ungeborenen Kindern mit Megazystis und fehlendem Fruchtwasser in ihrer Entwicklung zurück und auch ihr Brustkorb bleibt zu klein. Ein Teil dieser Kinder wird mit erloschener oder eingeschränkter Nierenfunktion geboren, ein anderer Teil mit einer oft tödlichen Entwicklungsstörung der Lungen oder beidem. Von der Megazystis sind vor allem männliche Kinder betroffen. Die Megazystis kann bereits im Mutterleib erfolgreich behandelt werden, indem in örtlicher Betäubung ein kleiner Schlauch (sog. Pigtailkatheter) in die kindliche Harnblase eingesetzt wird. Dies erfolgt unter Ultraschallkontrolle über eine kleine Hohlnadel und dauert ca. 5 Minuten. Der Urin kann dann in die Fruchthöhle abfließen, die Nierenfunktion wird nicht weiter geschädigt, die Fruchtwassermenge normalisiert sich und die Lungenentwicklung erholt sich. Nach dem Eingriff folgt üblicherweise ein stationärer Aufenthalt von 2 Tagen. Nach der Diagnose einer Megazystis sollte der Eingriff bald erfolgen, da gerade im zweiten Schwangerschaftsdrittel relevante Schädigungen der Lungen- und Nierenentwicklung durch eine Pigtaileinlage noch vermieden werden können. Der Eingriff ist ab der 14. SSW möglich. Eine neue alternative Behandlungsmethode ist die Zystoskopie, bei der unter Regionalanaesthesie mit einem Fetoskop über die mütterliche und kindliche Bauchdecke in die Harnblase des Feten eingegangen wird. Unter direkter Sicht wird dann die Harnröhrenklappe mittels Laser verödet, so dass der Urin wieder über den natürlichen Weg abfließen kann. Dieser Eingriff kann allerdings erst ab der 18. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden, so dass vorher wöchentliche Punktionen der Harnblase notwendig werden. In den selteneren Fällen mit Fehlanlage der Harnröhre (Urethralatresie) kann diese Methode jedoch nicht angewendet werden und es muss dennoch ein Katheter eingelegt werden. Allerdings profitieren nicht alle betroffenen Kinder von einer vorgeburtlichen Intervention. Gleichzeitig bestehende und teilweise nicht heilbare Grunderkrankungen, technische Probleme und der vorzeitige Blasensprung sind mögliche komplizierende Faktoren. Außerdem entwickeln nicht alle ungeborenen Kinder das Vollbild der Erkrankung. Bei diesen Kindern können trotz des erhöhten Druckes ausreichende Mengen von Urin abfließen, die Fruchtwassermenge bleibt annähernd normal und die Nieren nehmen keinen dauerhaften Schaden. Daher sollte vor dem Eingriff eine Ultraschalluntersuchung durch einen mit dieser Erkrankung erfahrenen Arzt erfolgen und der Eingriff an einem entsprechenden Zentrum stattfinden. Mit über 30 derartigen Eingriffen pro Jahr verfügt das Team der Universitätsfrauenklinik in Bonn über die größte Erfahrung aller Zentren im deutschsprachigen Bereich. Gerne beraten wir Sie im Rahmen einer Ultraschalluntersuchung über die Chancen und Risiken eines solchen Eingriffes in Ihrem persönlichen Fall. Prof. Dr. med. Christoph Berg Leitung Fetalchirurgie Universitätsfrauenklinik Bonn und Leitung Pränatale Medizin Universitätsfrauenklinik Köln Montag und Mittwoch: Universitätsfrauenklinik Köln Kerpenerstr. 34 50931 Köln Tel.: 0221 478 4975 Fax: 0221 478 4998 Dienstag und Donnerstag: Universitätsfrauenklinik Bonn Sigmund-Freud-Str. 25 53127 Bonn Tel.: 0228 287 14728 Fax: 0228 287 16088 Weitere Informationen unter: https://www.ukb.uni-bonn.de/42256BC8002AF3E7/vwWebPagesByID/69B719A6B1BAF180C125789C0042E5E0