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In der Fernsehshow '60 Minuten' am 12. Mai 1996 fragte Lesley Stahl die US-Außenministerin Madeleine Albright: "Wir haben gehört, daß eine halbe Million Kinder gestorben sind (wegen der Sanktionen gegen den Irak). "Ich meine, das sind mehr Kinder, als in Hiroshima umkamen. Und - sagen Sie, ist es den Preis wert?" Albright: "Ich glaube, das ist eine sehr schwere Entscheidung, aber der Preis - wir glauben, es ist den Preis wert." Versuchen Sie, sich einmal vorzustellen, wie die Mainstream-Medien der USA und Intellektuelle darauf reagieren würden, wenn sich herausstellen würde, daß bei einem frühen Planungstreffen der Terroristen, die für die Anschläge auf das Welthandelszentrum und das Pentagon verantwortlich sind, sich die Frage gestellt hätte, ob der "Kollateralschaden" von möglicherweise Tausenden toten Zivilisten nicht ziemlich übertrieben wäre, aber daß die Angelegenheit erledigt gewesen sei, als ihr Anführer antwortete: "Wir glauben, es ist den Preis wert"?... Wären die Mainstream-Medien und Intellektuellen nicht voll wilder Entrüstung über das inhumane Denken des "kaltblütigen Kalküls" der Terroristen? Würden sie nicht wie aus einem Munde antworten, daß es absolut unmoralisch, böse, und per se nicht zu verteidigen sei, für eine politische Aussage eine riesige Zahl von Zivilisten zu töten. Und würde nicht auch darauf gepocht werden, daß es unmoralisch und unerhört sei, überhaupt von einem "gerechten Antrieb" zu sprechen oder die Terrorattacken so wie sie in New York und Washington geschehen sind, in irgendeiner anderen Form zu legitimieren? Daß die einzige Frage in so einem Fall von Gewalt "Wer", und nicht "Warum" ist? (Diese letzten zwei Sätze sind Formulierungen aus der erregten Argumentation eines amerikanischen liberalen Historikers.) Und tatsächlich, die US-Meinungsführer haben es durch die Bank abgelehnt, über das "Warum" zu reden, abgesehen von oberflächlichen Behauptungen, der Feind sei irrational, hasse Demokratie, usw. Wenn wir uns jetzt der tatsächlichen Verwendung von "Es ist den Preis wert" zuwenden, kommen wir zu der Antwort, die US-Außenministerin Madeleine Albright in der Fernsehshow "60 Minuten" am 12. Mai 1996 Lesley Stahl gegeben hat: Stahl: "Wir haben gehört, daß eine halbe Million Kinder gestorben sind (wegen der Sanktionen gegen den Irak). Ich meine, das sind mehr Kinder, als in Hiroshima umkamen. Und - sagen Sie, ist es den Preis wert?" Albright: "Ich glaube, das ist eine sehr schwere Entscheidung, aber der Preis - wir glauben, es ist den Preis wert." Wie auch immer, in diesem Fall, obwohl die Anzahl der Toten hirnzersetzend ist, war Albrights Rationalisierung dieses Massenmordes für die Mainstream-Medien und Intellektuelle in keiner Weise von Interesse. Der Satz wurde in den führenden Medien kaum zitiert, und es gab keinen Aufschrei oder auch nur den Einwand, daß der Massenmord an Kindern, um irgendwelche politischen Ziele zu erreichen, unmoralisch und erschütternd sei. Seit den Morgenstunden am Dienstag den 11. September waren die toten Zivilisten bei den Terrorangriffen auf das Welthandelszentrum/Pentagon Objekt der intensivsten und detailliertesten und emotionalisiertesten Aufmerksamkeit, sie haben das Leiden klar und dramatisch gemacht und das Gefühl der Empörung genährt. Im Gegensatz dazu sind die Hunderttausenden toten Kinder im Irak so gut wie unsichtbar, ihr Leiden und Sterben ist außerhalb des Blickfeldes... Das "Wer" im Falle des irakischen Massensterbens ist klar - in überwältigendem Maß die amerikanische und britische Führung - aber das "Wer" ist wegen der Art der Antwort auf das "Warum" hier irrelevant. Dieses "Warum" wird impliziert. Madeleine Albright sagte, daß es die Toten wert sind, weil die US-Politik sich darauf geeinigt hat - und indem Albright sagt, das ist "Warum", ist die Sache für die Medien gegessen. Das reflektiert die Arbeit eines souveränen Propaganda-Systems. Die US-Regierung findet, daß der Massentod von irakischen Kindern "es wert" ist, die Medien lassen das Schicksal dieser "wertlosen Opfer" im schwarzen Loch verschwinden und erlauben dadurch die unbehinderte Fortführung dieser Politik. Sind die Vereinigten Staaten selbst das Opfer des Terrorismus, tritt der umgekehrte Prozeß in Kraft: bei diesen "ultra-wertvollen Opfern" inszenieren die Medien deren Leiden und Tod ausführlich und interessieren sich nicht für die tieferen Gründe, sondern nur dafür, "wer" es getan hat; sie rühren die Kriegstrommel unermüdlich und schieben die regressivsten Kräfte im Land ins Rampenlicht, machen damit Gewalt und Repression zu den wahrscheinlichsten Früchten ihrer Arbeit. Aber sie werden Zeitungen verkaufen, ihre Quoten verbessern, das "nationale Interesse" unterstützen, und den Rechten beweisen, daß sie echte Amerikaner sind. Der Text wurde redaktionell gekürzt. Quelle: http://x2t.com/336562 Quelle: http://www.jungewelt.de